Verkehrs- und Hinweisschilder sollen die Orientierung erleichtern, vor allem, wenn man sich auf fremdem und unbekanntem Gebiet befindet. Manchmal aber – wie hier vor dem Schönen Brunnen am Nürnberger Hauptmarkt – scheinen sie gerade das Gegenteil zu bewirken: Verwirrung.
Wer soll hier im Wirrwarr der Zeichen den richtigen Weg finden? Dazu bedarf es wohl eher einer guten Ortskenntnis! Oder einer guten App! Bald werden wir diese Schilder nicht mehr brauchen. Schon jetzt lassen sich viele Menschen von den Programmen auf ihrem Smartphone leiten. Damit finden sie nicht nur ihren Weg mit den wichtigsten Infos zu allem, was links und rechts zu sehen ist. Sie lassen sich unterwegs gleich einen Tisch im (von der App empfohlenen) Restaurant reservieren, haben auch schon die Speisekarte studiert und ihr Essen (per App) bestellt, sie bekommen Kontakte vermittelt, günstige Geschäfte angezeigt und werden sicher zu ihrem Parkplatz zurückgeführt. Das Rundumsorglos-Paket. Wer möchte sich da noch vor dem Schilderwald den Kopf zerbrechen, wo es hingehen soll? Der verflixte Scheideweg hat dank App ausgedient. Aber wie war das nochmal mit dem freien Willen? Und wer sollte einst der mündige Bürger, die mündige Bürgerin gewesen sein? Kein Zweifler und Zögerer müsste sich mehr als „ungläubiger Thomas“ benennen lassen. Die App weiß wo es lang geht, nicht nur auf den Wegen durch die fremde Stadt! Sie führt uns sicher durchs unübersichtliche Leben.
Übrigens dienten die Herren im Hintergrund einst ebenfalls der Orientierung, aber eher in religiöser, moralischer und politischer Hinsicht. Sie repräsentierten die Werte, die im mittelalterlichen Nürnberg dem Leben einen Sinn und seine Ordnung geben sollten. Unter den dargestellten vierzig wegweisenden Männern (Frauen leider Fehlanzeige) finden sich unter anderem die vier Evangelisten, vier Kirchenväter, sieben Kurfürsten, sowie Mose und sieben Propheten. Erstaunlicherweise fehlt Jesus und auch seine Mutter Maria! Wer heute wohl seinen Platz fände auf solch einem Brunnen? Die oben genannten wahrscheinlich nicht mehr! Welche Personen würden heute die Werte repräsentieren, die unserer Gesellschaft Richtung und Sinn geben? Hoffentlich wären dann wenigstens ausreichend Frauen mit dabei. Trotz dauernder Beschwörung christlicher Werte fänden sich wahrscheinlich nur wenige Befürworter christlicher Leitfiguren. Dietrich Bonhoeffer hätte vielleicht eine Chance, aber wer noch? Edith Stein, Mutter Teresa?
Wegweisung in einer christlich geprägten Welt, die boten die Zehn Gebote oder auch die Bergpredigt Jesu (aber nur für diejenigen, die die „Sache Jesu“ ernster nahmen), seine Reden und Gleichnisse. Viele Worte aus den Psalmen, nicht nur als Tauf- und Konfirmationsspruch, gaben Menschen immer wieder Halt und Zuversicht in der Unübersichtlichkeit des Lebens. Doch noch recht viele lesen täglich im blauen Losungsbüchlein und finden dort eine Art Wegweisung durch den täglichen Dschungel. Auch eine andere „App“ gerät zunehmend in Vergessenheit: Das evangelische Gesangbuch! Manch einer singt sie noch, die Lieder wie „Befiehl du deine Wege“ (EG 361) oder „Wohl denen, die da wandeln“ (EG 295). Oder, wie ich es besonders gerne tue, mit: „Geh aus mein Herz und suche Freud in dieser lieben Sommerzeit, an deines Gottes Gaben“ (EG 503). Auch eine Art seinen Weg zu finden: Singend und mit Gottes Segen, denn „der wird auch Wege finden, da dein Fuß gehen kann“ (EG 361,1). Gott befohlen.