Predigt zum 19. April 2020

Der Predigttext zu Quasimodogeniti steht bei Jesaja 40,26-31:

26 Hebt eure Augen in die Höhe und seht! Wer hat all dies geschaffen? Er führt ihr Heer vollzählig heraus und ruft sie alle mit Namen; seine Macht und starke Kraft ist so groß, dass nicht eins von ihnen fehlt. 27 Warum sprichst du denn, Jakob, und du, Israel, sagst: »Mein Weg ist dem Herrn verborgen, und mein Recht geht an meinem Gott vorüber«? 28 Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der Herr, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich. 29 Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden. 30 Jünglinge werden müde und matt, und Männer straucheln und fallen; 31 aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.


Liebe Gemeinde, der Text des Propheten Jesaja ist nun schon zweieinhalbtausend Jahre alt. Und immer wieder enthält er Facetten, die für uns interessant sein können.

Der Prophet sprach in eine Situation hinein, wo die Menschen mutlos wurden. Seit Jahrzehnten lebten sie in Quarantäne. Zwar durften sie sich treffen. Zwar durften sie miteinander reden und weinen, aber sie durften nicht nach Hause. Es gab inzwischen viele, für die war „Zuhause“, „Normalität“ wie ein Märchen, das ihnen nur erzählt wurde. Denn sie waren erst geboren worden, als ihre Eltern, ja, manchmal sogar die Großeltern, längst nicht mehr zu Hause leben durften…

Sie lebten in einer Gegend mit einem begrenzten Horizont. Ja, genauso, wie unsereins heute: Wir dürfen nicht in die Ferne schweifen. Franken wäre schon zu groß, Bayern erst recht, Deutschland auch und dann gar über die deutschen Grenzen irgendwo hin?

Wer wirklich in der Quarantäne lebt, der darf ja nicht mal aus den eigenen vier Wänden hinaus.

Nach vierzehn Tagen allerdings kommt die Wunderheilung. Da ruft jemand vom Gesundheitsamt an und erklärt einem, nun sei man immun. Bei uns in Nürnberg braucht man weder Ärzte noch Labore, um das festzustellen. Da reicht ein netter Mensch am Telefon. Der ruft an und stellt fest: „Jetzt sind Sie gesund und immun!“ Das erinnert mich an Sekten mit „Fernheilungen“, es ist aber bayerische Realpolitik.

Mich überzeugt diese „Gesundheitspolitik“ nicht. Sie ist eine Beleidigung für meinen Verstand.

Aber zurück zum Propheten Jesaja. Der erzählte seinen Leuten etwas vom „Herrn, dem ewigen Gott“, der die Enden der Erde geschaffen hätte. Mich erinnert dies an eine Nachricht von vorgestern, als von einer Supernova, einen Sternenexplosion berichtet wurde. Ein aktueller Bericht, denn  die Forscher hatten die Supernova beobachtet. Freilich: Nach ein paar hundert Millionen Jahren hatten sie das Ereignis erst gesehen. Denn so lange brauchte das Licht, um bis zur Erde zu gelangen. War das nun eine aktuelle Nachricht?

„Astronomen haben die gewaltigste Sternexplosion gesichtet, die jemals aufgezeichnet worden ist. Die Supernova in 3,6 Milliarden Lichtjahren Entfernung mit der Katalognummer SN2016aps war rund zehnmal energiereicher als normale derartige Sternexplosionen und strahlte rund 500 Mal heller, wie das Team um Matt Nicholl von der Universität Birmingham berichtet. „SN2016aps ist auf verschiedene Arten spektakulär. Sie ist nicht nur heller als jede andere Supernova, die wir bislang gesehen haben, sondern sie besitzt einige Eigenschaften und Merkmale, die sie als selten erscheinen lassen im Vergleich zu anderen Sternexplosionen im Universum.“ – „

Warum erzähle ich das? Ist es nicht phantastisch: Da dürfen manche von uns die Wohnung nicht verlassen, die meisten auf alle Fälle sind an ihren Wohnort gebunden, der Horizont reicht bis zur übernächsten Straße und dann erfahren wir etwas von der weiten, weiten Welt, so weit, dass wir sie uns nicht einmal vorstellen können.

Den Supermond vor ein paar Tagen, den konnten wir sehen, unsere Sonne nehmen wir war, ein paar Sterne in der Nacht auch, aber… diese Supernova ereignete sich vor 3,6 Milliarden Jahren und wir können sie erst jetzt sehen. Es hätte damals auch keinen Sinn gemacht, denn Menschen wie uns gibt es erst seit 300.000 Jahren, nicht seit Millionen, geschweige denn seit Milliarden.

Irgendwie wird dann Corona vom Problem zum Problemchen, wenn wir einen Blick in die weite Welt werfen – räumlich wie zeitlich. Wer weiß: Vielleicht ist die Welt längst untergegangen und wir haben es nur noch nicht mitbekommen?

Sagen wir es einmal so: Wer auf diesen Gott vertraut, hat einen längeren Atem.

Ihr Pfarrer Volker Schoßwald