Jesus der Gekrönte – Predigt vom 5. April 2020

Liebe Thomasgemeinde, an Palmsonntag erinnern wir daran: Jesus kam nach Jerusalem und die Leute jubelten ihm zu, weil sie große Hoffnungen auf ihn setzten. Sie wollten ihn zum König krönen. Am Karfreitag erinnern wir daran, dass die Soldaten ihn mit einer Dornenkrone krönten.

Auf wen setzen wir unsere Hoffnungen? Auf den mit der Königskrone oder den mit der Dornenkrone? Corona heißt bekanntlich Krone. Das Virus wurde nach seiner Form benannt, wie man sie unter dem Elektronenmikroskop darstellen kann.

Wenn ich durch unsere Straßen fahre, wenn ich an unseren Kreuzungen stehe, wenn ich einen Weg zur Seite gehe, dann merke ich: Corona ist Deutschlands neuer König. Er herrscht bis in Großreuther Häuser, er herrscht bis in Kleinreuther Wege. Seine Herrschaft bringt Ruhe. Es ist still geworden. Er nimmt Hektik aus unseren Tagen. Wir haben Zeit. Mehr Zeit.

Aber der Preis ist hoch: Wir bezahlen mit unserer Angst.

Das kennen wir vom Dornengekrönten: Er hatte Angst. Freilich: Er hatte Angst vor Menschen. Wollen wir da nicht lieber einen mutigen Retter? Jesus wie ein König, der auf seinem hohen Ross sitzt, das Schwert zückt und nach vorne weist? Ja, das wollen wir.

Freilich nur, wenn wir nicht zweimal nachdenken. Denn bisher haben wir mit Königen, wenn sie an der Macht waren, schlechte Erfahrungen gemacht. Das zieht sich durch die ganzen biblischen Geschichten von David bis Herodes, aber aus Deutschland kennen wir es auch. Da nehmen wir auch noch die Kaiser dazu. Nein, Könige und Kaiser sind nicht die Lösung. Wir Menschen brauchen Anführer, die demokratisch kontrolliert werden.

Am Palmsonntag denken wir an Jesus, dem sie als einem König zujubelten.
Das endete für diesen tödlich. Denn die Machthaber wollen keine Könige, die ihre Macht beschneiden, schon gar keine Könige, die Maßstäbe von Gut und Böse benennen und die Finger in offene Wunden legen.

Deswegen wollten die Machthaber den König Jesus weghaben. Das haben sie auch geschafft. Aber wir sehnen uns weiterhin nach einem, der kommt und alles gut macht. Wir sehnen uns nach einem Hoffnungsträger. Schenkt uns Jesus Hoffnung? Darüber werden wir in der kommenden Woche nachdenken können.

Ich wünsche Ihnen ruhige, aber auch beruhigte Tage

Ihr Pfarrer Dr. Volker Schoßwald

PS: Ich muss es wohl nicht extra betonen: Über den „König“ predige ich jedes Jahr an Palmsonntag, am ersten Advent und manchmal sogar an Weihnachten. Es hat auch in diesem Jahr NICHTS mit dem neuen Oberbürgermeister von Nürnberg zu tun.