Die Dunkelheit der Winterzeit macht vielen Menschen zu schaffen. Wenn man das Haus morgens verlässt ist es noch dunkel, bei der Heimkehr am Abend schon wieder. Wer in geschlossenen Räumen arbeitet, der hat den ganzen Tag keinen Streifen blauen Himmels gesehen, geschweige denn das Licht der Sonne auf seinem Gesicht verspürt. Vielleicht bleibt es außerdem tagelang nebelig oder grau, oder noch schlimmer: Es regnet. Das schlägt so manchem aufs Gemüt.
Viele helfen sich, indem sie zuhause alle verfügbaren Lichtquellen anschalten und sich dann in der Helligkeit baden in der Hoffnung, ihre verdüsterte Stimmung aufhellen zu können. Vor allem in der Öffentlichkeit wird diese dunkle Jahreszeit bald nicht mehr als solche kenntlich: In den Innenstädten, auf Weihnachtsmärkten, an den Fenstern oder in Gärten und auf Dächern vieler Einfamilienhäuser wird illuminiert, was das Zeug hält, so dass man mitunter den Eindruck hat, an dem bisher unbekannten Phänomen einer mitteleuropäischen Mitsommernacht teilzuhaben.
Inzwischen kann man mit einiger Berechtigung von einer Lichtverschmutzung sprechen. Die Auswirkungen dieser umfassenden Beleuchtung auf die Tierwelt, aber auch den menschlichen Organismus, sind noch gar nicht vollständig erkannt. Inzwischen soll es Menschen geben, die inmitten des allgegenwärtigen Lichterglanzes und Geblinkes bewusst die Dunkelheit suchen. Nicht die Finsternis, die unbedingte Schwärze, sondern so eine wohlig warme Dunkelheit, so wie sie vielleicht in dem Vers des Johannesevangeliums aufscheint: Das Licht scheint in der Finsternis.
Diese Menschen setzen sich in die Stille ihres Wohnzimmers, schalten alle Lichter aus und zünden mit Bedacht eine einzige Kerze an und bleiben davorsitzen und tun … nichts. Sie betrachten einfach das einfache Lichtlein, nippen vielleicht noch an einem heißen Tee oder knabbern an einem Plätzchen. Das Licht scheint in der Finsternis. Erstaunlich, was so ein kleines Lichtlein vermag. Wer sich etwas Zeit nimmt und aufmerksam bleibt, der wird erstaunt spüren, wie dieses Lichtlein in einem selbst zu leuchten beginnt.