Predigt vom 28. März 2020

Wir haben den Sonntag „Judika“: Gott, schaffe mir Recht. Aber was ist schon Recht…

Der Predigttext für diesen Sonntag steht Hebräer 13 Vers 14:

„Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“

„Judika“: Gott, schaff mir Recht!

Was für ein Wunsch!

Ein alltäglicher Wunsch, denn oft genug ziehe ich den Kürzeren.

Aber wessen Recht? Mein Recht? Oder will ich nur Recht behalten?

Recht, von Gott geschaffen, wäre, wenn es mir am Schluss gut geht. Recht wäre, wenn ich zustimmen könnte: Ja, so ist es recht.

„Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“

Stadt? Sind das die Häuser, in die wir momentan eingeschlossen sind?

Stadt, ist dies das Gefängnis, in dem wir bleiben müssen?

Stadt war gerade in Nürnberg der Bezirk innerhalb der Mauern.

Der Bezirk der Sicherheit.

„Stadtluft macht frei!“ hieß es früher, weil hier nicht die Leibeigenschaft herrschte.

Wer in seiner Stadt sicher war, wollte, dass sie bleibt.

Bei Großreuth gab es den Dreißigjährigen Krieg mit seinen Soldaten, seinen Soldateska, seinen Gewalttätigkeiten. Da war es, da schien es in der Stadt sicherer. Aber immer erlebte man: Nein, auch in der Stadt ist es nicht sicher.

Wer von Groß- und Kleinreuth nach Nürnberg fuhr, musste früher, vor den Einbahnstraßenregelungen, am Rochus-Friedhof vorbei. Das war ein Pest-Friedhof der Stadt Nürnberg. Die Stadt war nicht sicher, wenn es um die Seuche ging. Zwei große Friedhöfe zeugen hier wie auch in anderen Städten davon.

Nein, unsere Städte bieten uns zwar immer wieder Sicherheiten im Alltag, aber eine endgültige Sicherheit bieten sie nicht. Das merken wir derzeit besonders, wenn wir nicht mehr auf die unsicheren Straßen sollen.

Nicht der Autoverkehr gefährdet uns auf den Straßen der Stadt, das war einmal und wird es wieder sein, diesmal ist die Gefahr. Die Gefahr ist unsichtbar.

In den letzten Tagen suchte ich die Ruhe im Wald. Das ist erlaubt und ungefährlich.

Früher war der Wald eher ein Ort der Gefahr:

Die Wege waren unsicher, man konnte stürzen.

Wilde Tiere streunten durch die Wälder und man hatte Angst vorm bösen Wolf.

„Im Wald, da sind die Räuber“ sang man, aber es stimmte.

Der Wald wandelte sich: Im Wald sind keine Viren.

Ich sah aber auch: viele tote Bäume. Menschengemachtes Baumsterben. Doch der Wald kann nicht fliehen. Der Wald kann sich nicht hinter Stadtmauern verschanzen.

Keine Sicherheit in der Stadt, keine Sicherheit im Wald.

„Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir.“

Die zukünftige suchen wir. Nein, wir bauen sie nicht! Gott baut sie. Lässt er uns hinein? Gibt es einen Passierschein? Gott hat keine guten Erfahrungen mit den Menschen gemacht.

Lässt er uns hinein? Der Engel mit dem Feuerschwert könnte davor stehen.

Lässt er uns hinein?

„Gott, schaff mir Recht!“ Nein! Sondern: „Gott, lass Gnade vor Recht ergehen…“

Für Gnade aber zeigte sich Jesus zuständig. Ich baue darauf, dass er mir einen Passagierschein ausstellt.

Pfarrer Dr. Volker Schoßwald, Thomaskirche Großreuth, 28. März 2020

Wir haben hier keine bleibende Stadt, aber das Coronavirus.